Allmählich erwacht in Österreich das öffentliche Leben aus der Corona-Starre. Dass dabei der Sport nicht oberste Priorität genießt, ist nachvollziehbar und angesichts der Ungewissheit auch schmerzlich. 

Wie viel Tempo beim Öffnen ist angebracht?

Dass es auf diese zentrale Frage nicht die eine, richtige Antwort gibt, liegt auf der Hand. Österreichs Sportminister Werner Kogler wollte sich in Sachen Judo bzw. Kontaktsport bisher noch nicht festlegen. Womöglich müsse sogar auf einen Impfstoff gewartet werden.

Andere Länder warten nicht darauf. In Tschechien, Slowenien und Teilen Ungarns ist bereits jetzt Judo-Training wieder möglich. Folgend ein Rundblick über eine Reihe an Staaten*:

(Relative Infektionszahlen für Österreich: 1172 nachgewiesene Corona-Infizierte pro Million Einwohner/69 Corona-Tote pro Million Einwohner)**



Tschechien: Normalität mit kleinen Abstrichen

Unsere nördlichen Nachbarn stehen seit dieser Woche wieder in den Dojos auf der Matte. Berühren ist erlaubt, sogar Randoris mit wechselnden Partnern sind es. Nichtsdestoweniger gibt es Richtlinien: Es dürfen maximal hundert Leute an einer Einheit teilnehmen. Duschen und Garderoben bleiben gesperrt und vor jedem Training muss bei jedem Teilnehmer die Temperatur gemessen werden sowie sich jeder die Hände desinfizieren. Wettkämpfe sind auf alle Fälle noch bis Ende Juni ausgesetzt.

(relative Coronazahlen: 766 nachgewiesene Corona-Infizierte pro Million Einwohner/26 Corona-Tote pro Million Einwohner)



Deutschland: Einer prescht vor

Vergangene Woche ließ das Bundesland Nordrhein-Westfalen (NRW) mit Übergangsregeln für den Wiedereinstieg in den Vereinssport". Im uns nahen Bayern ist die Lage ungewiss. Szene-Kenner hoffen in den nächsten zwei Wochen auf Konkretisierungen, befürchten gleichzeitig, dass es bis zum Herbst keinen normalen Judobetrieb geben werde.

 (relative Coronazahlen: 2065/92)  


Ungarn: Judo ist teilweise erlaubt

Auch in Ungarn gibt es keinen einheitlichen Kurs. Die regionalen Unterschiede sind teils recht groß. Während in manchen Städten erst seit dieser Woche draußen mit Sicherheitsabstand sowie Masken und Handschuhen kontaktlos trainiert werden darf, darf in anderen Städten bereits ein reguläres Judo-Training stattfinden. Die großen Trainingszentren sind gesperrt, was bedeutet, dass die Top-Athleten – wenn dann überhaupt – in ihren Klubs trainieren.

(relative Coronazahlen: 343/44)


Dänemark: Demnächst Randoris im Zelt?

Dänemarks Regierung hat versucht, möglichst alle Bereiche des gesellschaftlichen Leben in geringes, mittleres, hohes und sehr hohes Ansteckungsrisiko zu unterteilen. Daraus wurde für die nunmehrige Öffnung ein Vier-Phasen-Plan abgeleitet. Je höher das Ansteckungsrisiko, desto später die Öffnung. Mit 1. Juni ist der Übergang in Phase 3 vorgesehen. Das bedeutet konkret, dass Kontaktsportarten an frischer Luft wieder erlaubt sind. Somit wird dann im Freien ein reguläres Judo-Training möglich sein.

„Wir überlegen, vielleicht ein Zelt anzukaufen, um darin Matten aufzulegen“, schildert Teamchef Peter Scharinger (rechts im Bild mit Laerke Olsen und Emilie Sook). Das sei aber noch reine Spekulation, erst muss die Regierung die konkreten Richtlinien für die neue Phase vorstellen. Die vierte Phase – die dann auch Judo in der Halle erlaubt – wird für den August anvisiert. Das Tempo bei der Umsetzung des Fahrplans hängt allerdings von der Entwicklung der Infiziertenzahlen ab.

(relative Coronazahlen: 1828/91)


 
Polen: Ebenfalls ein Phasenplan

Ähnlich wie Dänemark unterteilt auch Polen den Covid-Kampf in Phasen und befindet sich derzeit in Phase 2. Judo soll aber erst in Phase 4 erlaubt sein. Momentan darf nur kontaktlos, an der frischen Luft mit maximal sechs Sportlern plus einem Coach trainiert werden. Auch dem Nationalteam bleibt derzeit nur diese Option. Ende Mai werden zwei der insgesamt fünf nationalen Sportstützpunkte unter zahlreichen Sicherheitsmaßnahmen wieder aufsperren, allerdings noch nicht für Judoka.

(relative Coronazahlen: 447/22)



Italien: Noch ein weiter Weg

Im von Corona schwer gebeutelten Italien befindet man sich ebenso in der zweiten Öffnungsphase eines mehrstufigen Plans. Seit 4. Mai ist es Top-Athleten gestattet, in den Sporthallen zu trainieren. Allerdings kontaktlos, mit Abstand und weiteren Sicherheitsmaßnahmen. Ab 18. Mai könnte es neue Richtlinien geben. Italiens Verband arbeitet derweil ein „Betriebshandbuch“ aus – quasi eine Anleitung für Judo unter Corona-Bedingungen. Die Klubs versuchen derzeit mittels Internet-Trainings, ihre Nachwuchssportler zu halten, um so den Ausfall ganzer Jahrgänge ("Generationsvakuum“) zu verhindern.

(relative Coronazahlen: 3659/511)


Niederlande: Kinder unter 12 Jahren dürfen Judo trainieren

Bis 1. September sind in den Niederlanden alle Klubs und Fitnessstudios geschlossen sowie alle Turniere abgesagt. Nichtsdestoweniger hat zuletzt eine Lobby für die Bedeutung von Sport und Gesundheit mobil gemacht und darauf hingewiesen, dass die Klubs bereit sind, diese wichtige Aufgabe zu schultern. Obwohl für Judo als Kontaktsport eine Wiederöffnung nicht so einfach ist, ist nun zumindest ein Outdoor-Training erlaubt, allerdings kontaktlos mit eineinhalb Metern Abstand. Ausnahme: Da man davon ausgeht, dass für Kinder unter zwölf Jahren Corona nicht hoch ansteckend ist, gibt es für Unter-Zwölfjährige für draußen keinerlei Einschränkungen. Das bedeutet, dass Unter-Zwölfjährige in den Niederlanden unter freiem Himmel regulär Judo trainieren dürfen. Siehe Video unten.

(relative Coronazahlen: 2509/322)